Mahnwache in Loquard: Schluss mit dem Schilder-Wirrwarr!

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Mahnwache in Loquard: Schluss mit dem Schilder-Wirrwarr!

Loquard Krummhörn- Es begann damals – so um die Zeit, als das Wort „Corona“ noch mehr an Bier als an Pandemie erinnerte. Unser neuer Nachbar in Krummhörn-Loquard fand es offenbar an der Zeit, ein bisschen Farbe ins Dorfleben zu bringen – in Form eines 20 Meter langen Schilderwaldes an seiner Grundstücksgrenze. Man konnte es kaum übersehen: politische Parolen, Protest gegen die Regierung, Anti-Impfbotschaften, und natürlich der eine oder andere gut gemeinte Ratschlag für die Dorfmitbewohner, was sie besser nicht tun sollten.

Während das Dorf noch den Schock über zwei unschöne Ruinen verkraftete, die seit 2019 leerstanden und als Schandflecke galten, kam dieser Schilderwald als nächster „Augenschmaus“ hinzu. Der Bürgerfrieden war dahin – immerhin hatten wir gerade erst den Kastanienhof und die Mennenga-Ruinen in die Geschichte verabschiedet und waren frohen Mutes, endlich wieder Ruhe zu haben.

Aber die Ruhe währte nicht lange. Ein halbes Jahr später standen die Schilder noch immer, und die Dorfbewohner fanden das gar nicht mehr so „lauschig“. Der Frust landete bei Ortsvorsteher Reiner Willms und bald auch im Krummhörner Gemeinderat. Die Argumente des Schild-Eigentümers? Nun ja, sagen wir mal: nicht jedermanns Sache.

Doch das Chaos machte Schule. In den Nachbardörfern Uttum und Groothusen traten plötzlich Nachahmer auf den Plan. Schilder hier, Schilder da – die Krummhörn glich bald einer politischen Litfaßsäule. Nicht gerade das, womit man Touristen in unserer schönen Region beeindrucken möchte. Und als Gastgeber konnten wir auch nur hilflos mit den Schultern zucken, wenn unsere Gäste nach den wilden Schilderwäldern fragten.

Der lokale Sportverein, FC Schwarz-Weiß Loquard, dachte sich: „Wenn der das darf, dann dürfen wir das doch auch!“ Schließlich wollte man nur ein harmloses Schild für den nächsten Spieltag aufstellen. Die Freude währte genau drei Tage, bis die Landesbehörde für Straßenwesen auf der Matte stand – mit einer saftigen Abmahnung. Vereinswerbung ohne Genehmigung? Bußgeldandrohung inklusive. Der Verein musste das Schild mühsam umplatzieren – weit weg von der Straße.

Und hier fragt sich der gemeine Dorfbewohner: Wie genau unterscheidet die Landesbehörde eigentlich zwischen Vereinswerbung, Firmenwerbung und politischer Meinungsäußerung? Wieso darf ein Einzelner seine politischen Ansichten großflächig zur Schau stellen, während der Sportverein nur mit bürokratischem Hindernislauf wirbt?

Nun stehen wir also da: Drei Jahre Schilderterror, und nichts passiert. Sogar Flaggen, die in anderen Bundesländern längst verboten sind, tauchten auf. Auch das wurde staatlicherseits geprüft und verboten. Jetzt steht da eine in Thüringen verbotene Nazi Parole. Der Fall liegt inzwischen bei der Staatsanwaltschaft in Aurich. In Thüringen wurde Björn Höcke für ähnliche Aktionen verurteilt. Aber in Ostfriesland? Da sieht man das offenbar gelassener.

Die Sache wurde den Anwohnern zu bunt. Also beschlossen einige, eine Mahnwache zu organisieren. Kein Platz für Nazisprüche an unserer Dorfhauptstraße! Wenn die Behörden nichts tun, dann stehen wir eben selbst regelmäßig da – gegen die Verwüstung unserer schönen Landschaft.

Neugierig geworden, wollte ich der Sache auf den Grund gehen. An der Mahnwache sprach ich mit den Nachbarn, und ihre Sichtweise war nachvollziehbar. In Thüringen verboten, in Ostfriesland erlaubt? Merkwürdige Welt.

Und dann erschien er: der Nachbar selbst. Nun gut, ich hätte ihn gern gefragt, was das alles eigentlich soll. Aber ein freundliches „Moin“ kam nicht. Keine klärenden Worte. Stattdessen Pöbeleien gegen uns und Fotos von uns – er wollte unsere Personalien aufnehmen und uns anzeigen! Wie bitte? Wir stehen im öffentlichen Raum, äußern friedlich unsere Meinung – und werden dafür angegriffen?

Ich verstehe bis heute nicht, was ihn zu diesen Aktionen treibt. Die Schilder bleiben mir ein Rätsel, die Parolen unverständlich. Aber eins weiß ich: Die Verunstaltung unserer wunderschönen ostfriesischen Landschaft ist einfach nur entsetzlich. Ich bin vor zehn Jahren aus Köln hierhergezogen und freue mich jeden Tag darüber, in dieser ruhigen, idyllischen Gegend zu leben.

Vergleicht man Köln und Ostfriesland, ist hier die Lebensqualität so hoch, dass es mich kaum interessiert, was gerade in Berlin diskutiert wird. Was unseren Nachbarn auch umtreibt – ob er für Niedersachsen thüringische Verhältnisse wünscht, bleibt sein Geheimnis. Aber meine Empfehlung: Vielleicht sollte er seine Schilder einfach andersherum in seinem Garten positionieren, da lesbar, wo das größte Interesse daran besteht.

 

Zum Nachlesen: Das Ergebnis der Auricher staatlichen Ermittlungen

OZ-Artikel 08.10.2024 Ist das Nazi Sprache oder nicht?