In den 70-er Jahren des letzten Jahrhunderts waren Ostfriesenwitze kurzzeitig ein Hype: „Ostfriesland ist so flach, dass man schon Montags sieht, wer am Wochenende zu Besuch kommt.“ Der war damals schon schlecht. Zum Einen, weil das, wenn überhaupt, nur für gutes Wetter gilt; und zum Anderen weil man zum Beispiel im Voralpenland deutlich weiter gucken kann, eben weil es nicht flach ist. Merke: Wer weit gucken will, muss hoch hinaus.
In Ostfriesland hat man dazu zwei Möglichkeiten: Man kann auf einen der zahlreichen Leuchttürme – vorausgesetzt, der ist für Besucher freigegeben (ein Thema, über das in Zukunft noch zu berichten sein wird), oder man erhebt sich gleich selber in die Luft.
In Ostfriesland und auf seinen Inseln wimmelt es nur so von kleinen Flugplätzen für das, was man in Fachkreisen „General Aviation“ nennt, also kleine Privatflugzeuge.
Anders als beim Auto müssen die Piloten, um ihre Lizenz zu behalten, eine bestimmte Anzahl an Flugstunden ableisten und Starts und Landungen vorweisen. Weil das nicht ganz billig ist, bieten sie gerne Rundflüge oder Inseltaxis an. Der Passagier bekommt was zu sehen oder ist schnell auf der Insel und der Pilot finanziert einen Teil seiner Flugstunden. Eine typische win-win Situation.
Einer dieser Flughäfen ist in Nüttermoor vor den Toren Leers. In EDWF, so sein amtliches Kürzel, gibt es eine Flugschule und alle oben genannten Möglichkeiten.
Zusätzlich befindet sich dort eine kleine aber feine Gastronomie.
Der beste Beweis für die Güte des Restaurants ist wohl die Tatsache, dass ich gebeten wurde, nicht allzu sehr Werbung dafür zu machen, weil es ohnehin schon dauernd voll ist.
Tatsächlich sollte man es sich bei schönem Wetter am Wochenende zweimal überlegen, ob man ausgerechnet dort Essen gehen sollte. Nicht selten trifft man auf Familien- oder Betriebsfeiern und es ist schwer, noch einen Platz zu bekommen.
Nichtsdestoweniger ist das Flugplatzambiente für affine Menschen einfach einmalig. Man kommt leicht ins Gespräch mit den Piloten, die interessierten Menschen gerne Rede und Antwort stehen zu ihrem Hobby.
Selbst im Flugsimulator findet man ein natur-
getreues Modell der Flugplatzes inkl. Café
Auf der großzügigen Außenterrasse kann man je nach Tageszeit seinen Kaffee, Tee, Pils oder Hefeweizen genießen und die Karte zeigt wenig aber dafür ausgesucht gute Gerichte. Mich hat das „Försterschnitzel“ beeindruckt, weil die Champignonrahmsoße aus frischen Champignons und Sahne selbst hergestellt wird und weit weg ist von Convenience Food.
Bei Flugwetter ein absolut lohnenswertes Ausflugsziel.
Horst Meuer im April
Update 29.06.2018:
Das Küchenpersonal hat zum Teil gewechselt. Und ausgerechnet die von mir herausgestellte Champignon-Rahm Sauce wird seit Neuestem mit Hilfe von Pülverchen hergestellt. Lecker ist das immer noch. Aber eben nicht mehr zu 100% non-convenience.